Anfänge nach dem Krieg:
Im Herbst 1947 nach Feierabend am Samstagmittag hatten Willi Kraatz, Dieter Bartelt, Wolfgang Trabandt und Joachim Grube schnell Verpflegung, Decke, Kochgeschirr und Zeltplanen in einen Tornister gepackt. Eiligst marschierten sie hinaus zum Bahnhof und fuhren mit dem Bummelzug nach Warnow. Von einem Bauern in Buchenhof nahm sich jeder noch einen kleinen Strohballen mit. Und weiter ging es durch den schattigen Buchenwald zur Warnow. Mitten in der schnellen Strömung an der breitesten Stelle, wo heute eine Holzbrücke den Fluss quert, lag ihr Ziel, eine langgestreckte, von hohen Erlen bewachsene Insel. Schritt für Schritt wurde barfuß im kniehohen Wasser über glitschige Steine das Gepäck auf die Insel gebracht, dann die Strohballen und zuletzt Arme voll Holz für das Lagerfeuer. Einsam waren sie jedoch nicht. Längst waren sie in dem stillen Tal gehört worden. Kaum hatten sie die Zeltbahnen zu einem Zelt aufgebaut und ihr Strohlager bereitet, standen auch zwei andere junge Männer am Ufer. Es waren Dieter und Walter Dümke aus Sternberg, die mit einem Boot unterwegs waren. Nicht schlecht staunten die Bützower, als ihre neuen Freunde am nächsten Morgen ihre Boote gekonnt gegen die Strömung stellten und bei ihnen anlegten, um sich zu verabschieden. Ebenso gekonnt legten sie quer zur Strömung ab, wichen geschickt Felsen aus und waren schnell in Richtung Eickhof verschwunden. „Dat maken wi oock, nächst Johr!“, war die feste Überzeugung von Joachim Grube. Mit Hilfe von befreundeten Tischlern und dem Polsterer Walter Schulze, der die Bootshaut nähte, bauten sich die angehenden Kanuten im Winter ihre Boote nach einem Bastelbogen. „Seeschwalbe“ hieß Joachims erster Zweier-Kajak. Das Warnowtal rief. Joachim Grube und Wolfgang Trabandt waren die ersten Bützower Kanuten, die 1948 die Strecke aufwärts meistern wollten.
Als sie vor der Stromschnelle in Eickhof ankamen, waren sie schon total erschöpft. Doch sie bissen die Zähne zusammen. Bis zum Aalfang mussten sie ihr Boot an die Leine nehmen und watend ziehen. Aufwärts wurde es dann immer schwerer. Ohne Steuer wollte die „Schwalbe“ in der immer schneller werdenden Strömung scheinbar von Böschung zu Böschung ausscheren. Und wieder musste das Boot gezogen werden, um ihre Insel zu erreichen.
Gründung des Vereins am 1. April 1952
Interessiert hatten sie damals 1951 auf der Mühlenbücke den im Schleusenbecken trainierenden Kanuten aus Wismar zugeschaut. Das Paddeln im Wildwasser zwischen Slalomtoren faszinierte Joachim Grube, Fritz Witt, Hans Bremer und Hans Meinke.
Wie viele andere Bützower Jungen hatten sie geturnt, Fußball gebolzt oder sogar geboxt.
Nun aber stand für sie fest, dass sie sich im Wildwasser versuchen wollen. Mit Hilfe ihrer neuen Freunde aus Wismar machten sich die Zwanzigjährigen mit dem Kanuslalom vertraut, bauten im Winter in einer alten Tischlerwerkstatt ihre ersten Faltboote, erkämpften sich mit Hilfe des Bürgermeisters einen Platz im bis dahin nach dem Krieg privat genutzten Bootshaus am See und gründeten am 1. April 1952 die Sektion Kanu der Betriebssportgemeinschaft Chemie Bützow.
Zum ersten Sektionsleiter wurde der gerade erst 23 Jahr alt gewordene Joachim „Jochen“ Grube gewählt. Dass die jungen Leute damals die Gründer eines der traditions- und erfolgreichsten Sportvereine der Stadt waren, ist ihnen spätestens bei ihrem Treffen bewusst geworden. Im Jahre 1953 richtete die noch sehr junge Sektion gemeinsam mit Motor Wismar in der Schleuse einen republik-offenen Wettkampf aus. Staunend las Lotti Witt jetzt in dem sehr gut erhaltenen Programm, dass sie damals mit der legendären Eva Setzkorn von Volkspolizei Leipzig gemeinsam im Rennen der Meisterklasse gestartet ist.
Aber auch andere neue Bützower Namen standen schon auf der Startliste: Friedrich Stampe, Günter Dose, Heinrich Engel, Dieter Bartels, Günter Bremer, Willi Landers.
Bescheiden, ohne Namen nennt Jochen Grube für das erste Jahr zwei Siege als Erfolg der Sektion. Der Sektionsleiter selbst hatte die Erfolge errungen. Überhaupt weisen die Ergebnislisten sehr bald aus, dass die Bützower in Spremberg, Rathenow, Magdeburg, Zwickau und Kahla nicht nur Zaungäste waren. Schon 1954 wurde Karl-Heinz Rath Medaillengewinner bei den DDR-Jugendmeisterschaften im Einer- Canadier.
Mit dem „Canadier“, in dem sich auch Hans-Werner Hagen, Ulli Magunsky versucht hatten, war es 1958 vorbei. Durch den Anschluss an die BSG Lokomotive Bützow konnten die Kanuten wegen der Freifahrtscheine viel mehr reisen, die Gepäckwagen nahmen jedoch nur die zusammen gepackten Faltboote mit. Überhaupt war das Jahr 1958 ein markantes.
Der 21 jährige Günter Bremer, inzwischen der neue Sektionsleiter, stieg in die Leistungsklasse I auf und war damals der einzige Spitzensportler des Kreises Bützow. Der Stern eines Jürgen Bremer war mit dem Gewinnen des Meistertitels in der Jugend bei den gemeinsamen Meisterschaften der Bezirke Magdeburg/Schwerin aufgegangen.
Sensationell hatte die Mannschaft Jürgen Bremer, Willi Landers, Karl-Heinz Rath die Mannschaft der DHFK Leipzig geschlagen.
1960-1970 Jahre
Ihre ersten Wettkämpfe bestritten Willi Westphal, Günter Czarscka, Rüdiger Sprunk und Fritz Hoßmann. „Bei meinem ersten Wettkampf in Spremberg bin ich zweimal baden gegangen, das Turnhemd war rotbraun von der Brühe in der Spree“, erinnert sich Fritz Hoßmann. Auch Willi Westphal erging es damals nicht besser. Mit dem Jahr 1960 begann für die noch junge Sektion eine schwere Zeit. Die DHFK holte Jürgen Bremer und Willi Landers, die Abend für Abend mit allen das Training durchgeführt hatten, zum Sportclub nach Leipzig. Andere begannen außerhalb eine Lehre oder ein Studium, traten den Dienst bei der Volksarmee an oder hatten sich familiär verändert. Während die Republik und die Stadt Bützow später begeistert die mehrfachen Weltmeister Jürgen Bremer und Willi Landers feierte, hatte Günter Bremer mit einer Gruppe von 14-18- jährigen die allergrößte Mühe, den Sportbetrieb der Sektion aufrecht zu halten.
Weltmeister (1963 und 1967) Jürgen Bremer (geboren 1940 in Bützow)
im Faltboot - Einer:
1980-1990 Jahre
Die schweren 80er! Auf Beschluss des Politbüros der SED und des DTSB der DDR wurde Kanu-Slalom, nachdem er 1976 nicht mehr im olympischen Programm war, ab 1978 als nichtolympische Sportart geführt und nicht mehr gefördert.
Der Kanuslalomsport fristete fortan in der DDR ein Schattendasein.
Keine nennenswerte Sportförderung durch Stadt und Kommune, und kaum Förderung durch den DTSB. Selbst Boote und Paddel, sowie sonstiges Zubehör wurden nicht mehr in ausreichenden Stückzahlen her- und bereitgestellt.
Aber Eigeninitiative und Bastelfreudigkeit waren immer schon Tugenden der Kanuten.
Sie ließen sich wieder einmal nicht klein kriegen. Fortan wurden Schwimmwesten, Spritzdecken und Paddel in Bützow im Rahmen der "Konsumgüterproduktion" hergestellt. Fritz Hoßmann und sein Dienstleistungsunternehmen in Bützow sind untrennbar mit der Zeit des verwalteten Mangels in der damaligen DDR verbunden. Er versorgte die "Kanuverrückten" mit Schwimmwesten und Paddeln.
Helme beschaffte man sich zumeist über Freunde in der Tschechischen Republik.
Glücklicher Weise gab es aber noch! einen! unermüdlichen Slalomenthusiasten beim DKSV. Ulrich Opelt besorgte etwa 100 Helme für die Vereine der gesamten DDR, die dem Kanuslalomsport treu geblieben waren. Boote gab es in geringen Stückzahlen noch über den "Bootsbau Hartung". Es gab nichts, aber alle hatten alles (vor allem Ideen und Enthusiasmus).